Sachbuch

Gustav Landauer – ein vergessener Revolutionär

Es ist Heiligabend 1918. Gustav Landauer ist in Krumbach Gastgeber einer Weihnachtsfeier unter außergewöhnlichen Umständen nach dem Ersten Weltkrieg und der Revolution in Bayern. Außergewöhnlich ist auch einer seiner Gäste an diesem Abend, Kurt Eisner. Der bayerische Ministerpräsident wird zu dieser Zeit von der Presse heftigst attackiert, was den Schriftsteller und Publizisten Gustav Landauer empört: „Dass einer der verhassteste aller Menschen werden muss, der zugleich Pressefreiheit gibt und keiner Partei zur Herrschaft verhelfen will, wie könnte es anders sein, da die Parteien, die die Presse beherrschen, nicht das Rechte und Neue wollen, sondern ihre Herrschaft?“ schrieb er an seine Tochter Gudula.

Unzählige Briefe Landauers sowie seine Tagebucheinträge sind von der Ethnologin, Journalistin und Autorin Rita Steininger für ein Portrait gesichtet und analysiert worden. Sie beschreibt in der Biographie „Gustav Landauer – Ein Kämpfer für Freiheit und Menschlichkeit“ das kurze Leben eines Pazifisten, der sich schon in der Jugend für soziale Gerechtigkeit einsetzte und 1919 in einer regelrechten Gewaltorgie im Gefängnis Stadelheim sein Leben lassen musste. Sein Freund Kurt Eisner hatte ihn nach München geholt, wo beide „den kurzen Traum einer Räterepublik“ mit der Ausrufung des Freistaats erlebten – aber nicht überlebten.

1870 wurde Gustav Landauer in Karlsruhe geboren – in gut bürgerlichen Verhältnissen. Schon früh zeigt sich seine Leidenschaft für die Lyrik, der Beruf des Schriftstellers ist sein „Traumberuf“, was der Vater, zu dem er zeitlebens kein gutes Verhältnis hat, nicht gut heißt. Rita Steininger zeichnet das Leben des Freigeists nach, der viele seiner Lebensjahre in Berlin verbrachte und nicht nur politisch Herausforderungen meistern und Rückschläge einstecken musste. Der Pazifist wendet sich gegen die Kriegsbegeisterung zum Beginn des Ersten Weltkriegs und riskiert damit auch, Freundschaften zu verlieren. Er engagiert sich in der Berliner Arbeiterbewegung und wird mehrmals verhaftet. Die Sorge um das Einkommen, Schicksalsschläge wie der Tod von Tochter und Ehefrau, die Scheidung von seiner ersten Frau Margarethe – auch privat hatte Gustav Landauer viel zu verkraften. Aber Gustav Landauer ist auch glücklicher Vater und findet mit der Dichterin Hedwig Lachmann nicht nur die große Liebe, sondern auch eine Seelenverwandte.

In der Biographie begegnen dem Leser dazu große Namen wie Erich Mühsam, der erwähnte Kurt Eisner oder auch Ernst Toller. Gustav Landauer gehört nicht zu den „Promis“ jener Zeit, weshalb das Buch auch in der Reihe „Vergessenes Bayern“ im Volk Verlag erschienen ist. Damit wird einer der intellektuellen Figuren der Revolution in Bayern ein literarisches Andenken gesetzt. Ein „haptisch erfahrbares“ Denkmal für Gustav Landauer steht übrigens auf dem Münchner Waldfriedhof.

 

Rita Steininger
Gustav Landauer
Ein Kämpfer für Freiheit und Menschlichkeit
Volk Verlag

ISBN 978-3-86222-346-6