Sachbuch

Als die Monarchie zum Auslaufmodell wurde

Die Welt im Wandel. Diese Kapitelüberschrift im Katalog zur Landesausstellung passt nicht nur Ausstellung selbst – sie beschreibt auch unsere Zeit und ihre Unvorhersehbarkeiten. Ursprünglich sollte die Bayerische Landesausstellung „Götterdämmerung II“ auf Schloss Herrenchiemsee gezeigt werden, zehn Jahre nach der mit 600 000 Besuchern extrem erfolgreichen Schau „Götterdämmerung“. Aber Corona durchkreuzte die Pläne, Herrenchiemsee kam als Veranstaltungsort nicht mehr in Frage und so stampfte man im neuen Haus der Geschichte in Regensburg eine Landesausstellung aus dem Boden.

Eben diese Ausstellung, die sich mit dem Ende der Monarchie (nicht nur) in Bayern und den Schicksalen der Wittelsbacher Monarchen befasst, kann man in Form eines ausführlichen Katalogs auch mit nach Hause nehmen. Und wer etwa wegen Corona den Weg nach Regensburg nicht wagt, dem dienen die ausführliche Beschreibung der Exponate und die Essays als Ersatz, der zwar z.B. die Betrachtung der Totenmaske Ludwigs II. nicht ersetzt, aber das Objekt ausführlich beschreibt und erläutert. So blättert man sich also durch die Monarchie und trifft auf reichlich tragische Gestalten. Und irgendwann war es dann zu spät. Revolutionen und der Erste Weltkrieg stürzten Europa und damit auch die weit verzweigte Wittelsbacher Dynastie ins Chaos. Ludwig III. von Bayern hätte sich womöglich aufgrund seine familiären Verbindugen als Friedensstifter beweisen können. Doch es kam anders. So schreibt Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte: „Inaktivität bis zur Bewegungslosigkeit kennzeichnete auch im weiteren Verlauf des Weltkriegs die bayerische Politik. Dabei war kaum ein Monarch derart offen und klar im Bilde über den Kriegsverlauf wie der bayerische König.“ Die letzte Generation der Herrscher unter die Lupe zu nehmen, das hat sich die Landesausstellung zur Aufgabe gemacht. Und jedes einzelne Ausstellungsstück wirft ein Schlaglicht auf diese Zeit des Umbruchs.

Von der Totenmaske bis zum Gürteltier

Natürlich sind die „Superstars“ der Wittelsbacher hier vertreten – allen voran der Märchenkönig Ludwig II. Ein Bronzeabguss der Totenmaske und ein Abguss der rechten Hand waren in der „Villa Hermes“ in Wien in einem speziellen Gedenkraum für den „Kini“ aufbewahrt. Keine geringere als Ludwigs Großcousine Elisabeth „Sisi“, Kaiserin von Österreich hat diesen Ort gestaltet. Sie war der festen Überzeugung, dass der bayerische König einem Mordanschlag zu Opfer gefallen war. Sie selbst ereignete genau dieses Schicksal 1898 in Genf – die Tatwaffe, eine Feile, ist inklusive Zertifikat der Genfer Justiz auch ein Ausstellungsstück der Schau. Und was macht hier dies Gürteltier? Das Weißhaar-Gürteltier aus Bolivien brachte Prinzessin Therese von einer Forschungsreise mit – als lebendes Exemplar, um es zu studieren: „Leider war seine Verstandesentwicklung, wie sich voraussehen ließ, denkbar gering,“ notierte sie. Nachdem das Tier verendet war, wurde es ausgestopft und der Zoologischen Staatssammlung überlassen.

Gemälde, Fotografien, Porzellan, Plakate, Uniformen, Büsten, die erste Telefonanlage Bayern oder auch das Röntgenbild eines Münchner Bäckermeisters, dem ein französisches Infanteriegeschoss in der Ferse steckt – all das ist Geschichte. Und erzählt Geschichte. Zusammengefasst in einem Katalog, der eben mehr ist, als nur ein Katalog.

Götterdämmerung II
Die letzten Monarchen

Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2021
Herausgegeben vom Haus der Bayerischen Geschichte
Verlag Friedrich Pustet

ISBN 978-3-7917-3226-8