Der Kini und sein Bodyguard
Sie waren seine Bodyguards, seine Vertrauten, aber auch „Blitzableiter“, die seine Launen aushalten mussten: Sieben Flügeladjutanten standen König Ludwig II. im Laufe seiner Regierungszeit zur Seite. Am längsten hielt es Karl Theodor von Sauer mit dem „Kini“ aus. Ein echter Kraftakt war das, wenn man die Briefe betrachtet, die er hinterlassen hat. Eben diese Aufzeichnungen sind 2021 von dem Ludwig-Sammler Sepp Schleicher erworben worden, der sie nun zusammen mit dem Ludwig-Biografen Alfons Schweiggert durchforstet hat. Entstanden ist so ein spannender Einblick in ganz private Momente eines rätselhaften Monarchen.
185 Briefe hat Major Karl Theodor von Sauer (geboren 1834) zwischen 1863 und 1872 an seine Frau Clara geschrieben. Darin geht es um seine eigenen Ambitionen, Hoffnungen und Enttäuschungen, um Meinungsverschiedenheiten mit dem König, die freilich nicht offen ausgesprochen wurden und Spannungen mit den Adjutanten-Kollegen. Kurz: Es menschelt. „Ist der König allzu nett, hat man gleich Angst“ wird aus einem Brief aus dem Jahr 1864 zitiert. Die Flügeladjutanten hatten rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen, um königliche Aufträge zu erfüllen, den Schriftverkehr zu erledigen, Bittgesuche und Audienzen zu regeln und vieles mehr. Die stunden-, ja tagelangen Ausritte der Majestät sollten ebenfalls begleitet werden – eine anstrengende Ehre, über die Sauer an seine Frau schreibt: „Gestern hatte ich das Glück, ihn zu Pferde begleiten zu dürfen und wurden dabei 9 (!) volle Poststunden […] Morgen werde ich wohl wider so glücklich sein , mich an er Nähe des herzigen Monarchen, seiner jugendlichen Kraft und schönen Seele erfreuen zu dürfen.“
Das Verhältnis zum König blieb nicht ungetrübt. Karl Theodor von Sauer hatte beislielsweise nichts für Richard Wagner übrig, dessen Musik er für „das Miserabelste“ hielt, das er je gehört hatte. Und dann war da ja noch das Geld, das der Komponist seinem Gönner Ludwig abknöpfte. Als Ludwig den Bau der Villa Wahnfried mit 25 000 Talern unterstützt, schreibt Sauer an seine Frau: „Was Wagner anbelangt, so hat er die bestimmte Versicherung, daß wir (gemeint ist der König) – außer einer ihm bereits verabfolgten Summe von 10 oder 20.000 Gulden – nichts, absolut nichts weiter bezahlen. So dumm ist aber Richardle dann doch nicht, das den Leuten zu sagen, sondern natürlich schlau genug, das gerade Gegenteil davon zu versichern. Geschieht uns auch recht, warum haben wir vom `Kochel’ aus unserem `theuersten Freund’ telegraphieren müssen.“
So schreibt der Flügeladjutant in seinen Briefen ganz offen über das, was er dem König nie sagen würde. Der kriegsbegeisterte Sauer ist im Gegensatz zu Ludwig ein Verehrer des preußischen Militärs und er kann mit den Bauwut des Monarchen nichts anfangen. Er schreibt aber auch über die Qualen seiner Majestät wegen seiner unsäglichen Zahnschmerzen, beobachtete die Auflösung der Verlobung mit Herzogin Sophie und royale Begegnungen, die mal gut und mal weniger gut verliefen. Schließlich schied er 1873 aus dem Dienst aus. Warum, ist nicht bekannt Aber der „Job“ verlangte ihm offensichtlich alles ab und die vom König geliebte Einsamkeit in den Bergen entsprach so gar nicht seiner Lebensauffassung: „Im Ganzen ist es hier schon eine miserable Existenz.“
Als Militär-Experte legte Karl Theodor von Sauer eine Karriere in der Armee hin und starb 1911 im Alter von 76 Jahren in München. Seine Nachfolger als Flügeladjutanten schafften es nicht, den König vor dessen tragischem und bis heute unaufgeklärten Tod zu schützen. Ludwig wusste um Attentatsgefahren und leistete sich eine eigene „Geheimpolizei“, auf die auch im Buch eingegangen wird. Überhaupt sind es zahlreiche Aspekte aus dem Leben des „Kini“, die von Sepp Schleicher und Alfons Schweiggert betrachtet wurden, die bislang kaum in Erscheinung traten. Das macht das Buch zur historischen Entdeckungsreise, die so manchen „Aha-Effekt“ verursacht und durch seine höchst persönlichen Einblicke in die königlichen Lebensumstände einen einzigartigen historischen Schatz darstellt.
König Ludwig II.
Flügeladjutanten, Bodyguards, Geheimdienste
Alfons Schweiggert & Sepp Schleicher
Battenberg Bayerland Verlag
ISBN: 978-3-89251-551-7
www.battenberg-bayerland.de