Sachbuch

Die Wahrheit über die Weihnachtskaiserin

Gerade zur Weihnachtszeit flimmert sie wieder über die Bildschirme der Nation: Sissi ist Kult. Prächtige Kostüme, eine Liebesgeschichte, die böse Schwiegermutter – alles ein perfekter Stoff für einen romantischen Historienfilm, der in Deutschland und Österreich Zuschauerrekorde erzielte und immer noch gerne geguckt wird. Doch die Filme aus den 1950er Jahren halten der historischen Realität nur selten stand. Weihnachten und Kaiserin Elisabeth – das ist eine besondere Beziehung. Wie es um die echte Sisi (geschrieben nur mit einem „s“) und ihre Weihnachtsbefindlichkeiten stand, hat Alfons Schweiggert erforscht. Der Autor, der sich in vielen seiner Werke sehr intensiv mit den Wittelsbachern befasst, hat nun unter dem Titel „Weihnachten mit Sisi – Die Weihnachtserlebnisse der Kaiserin Elisabeth“ einen ganz gezielten Blick auf eben dieses Thema geworfen.

Dass der 24. Dezember im Leben von Sisi eine besondere Rolle spielte, lag allein schon an ihrer Geburt. Die spätere Kaiserin von Österreich war ein Christkindl. Sie kam am 24. Dezember 1837 um 22.43 Uhr in München zur Welt. Und diese Geburt sei unter einem dreifachen Glücksstern gestanden, wie Schweiggert schreibt. Zum einen war der 24. Dezember damals ein Sonntag. Dann wurde die kleine Elisabeth mit einem Zahn im Mund geboren, was als Zeichen für glückliches Leben galt ebenso wie die Tatsache, am Heiligen Abend auf die Welt zu kommen. Die Zeichen standen gut für das Sonntagskind Elisabeth, wenn es da diesen angeblichen Fluch ihrer Mutter Ludovika nicht gegeben hätte. Sie soll angesichts ihrer erzwungenen ehe mit Herzog Max geäußert haben: „Dieser Ehe und allem, was daraus hervorgeht, soll der Segen Gottes fehlen bis ans Ende!“

Chronologisch arbeitet sich Alfons Schweiggert durch die jeweiligen Weihnachtsfeste, die ja immer auch Geburtstagsfeiern waren. Bescheidene Feste, üppige Geschenke, politische Krisen, Seuchen und familiäre Spannungen, die regelmäßige Flucht aus Wien – aus den ersten harmonischen Weihnachtsabenden werden mit der Zeit vor allem für Elisabeth schwer zu ertragende Pflichtveranstaltungen. Vor allem Schwiegermutter Sophie hatte von Anfang an einiges am Betragen Elisabeths zu beanstanden. Die Gemahlin Kaisers wiederum konnte die „blödsinnigen Hofbälle“ genauso wenig leiden wie das strenge Hofzeremoniell. Schon bald ergriff Sisi die Flucht und verbrachte beispielsweise den Winter 1870 „in strengstem Inkognito“ mit einem Hofstaat von 106 Personen in Meran.

Das Tagebuch von Elisabeths Tochter Valerie war eine der wichtigen Quellen für die Recherche zu diesem Buch. Sie beschreibt die Weihnachtstage im Kreis der Familie, darunter auch die Abneigung der Kaiserin gegenüber ihrer Schwiegertochter Stephanie, die sie als „hässliches Trampeltier“ bezeichnete. Sisi hat sich für die Frau ihres Sohnes Rudolf offensichtlich geschämt. Gemeinsame Weihnachstfeste im Kreis der Familie machte das nicht gerade zu fröhlichen Anlässen. So notierte Valerie am 25. Dezember 1886: „Um 6 Uhr das bangend erwartete Familiendiner“. Nachdem sich 1889 der Kronprinz das Leben nahm, wurde Elisabeth zur „Mater dolorosa“, also zur Schmerzensmutter. Sie trug nun noch schwarze Kleidung, zog sich noch mehr aus der Öffentlichkeit zurück und an Weihnachtsfeiern, die ja auch immer Geburtstagsfeiern für sie waren, hatte sie kein Interesse mehr.  Als ihre Lieblingstochter Valerie heiratete und damit die Mutter verließ, verbrachte sie den Heiligen Abend allein und ohne Christbaum. Was für ein trauriges Ende eines doch so verheißungsvollen Christkinds. Und so stehen die Weihnachtsfeste auch stellvertretend für das tragische Leben der unglücklichen Kaiserin, Heine-Verehrerin und Dichterin.

Alfons Schweiggert hat tief in den Archiven gegraben, um auch kleineste Details aus dem Leben von Sisi und insbesondere den Feierlichkeiten rund um den Heiligen Abend herauszuarbeiten. Die Widersprüchlichkeit der rastlosen Sisi wird dabei deutlich. Ein hoch interessantes Buch für Geschichtsinteressiert und diejenigen, die die Kino-Sissi links liegen lassen möchten, um zur echten Person hinter der Filmfigur durch zu dringen.

Alfons Schweiggert
Weihnachten mit Sisi
Die Weihnachtserlebnisse der Kaiserin Elisabeth
Bayerland Verlag
ISBN: 978-3-89251-542-5
www.battenberg-gietl.de