Sachbuch

Liebeserklärung an einen großen bayerischen Schauspieler

Es gibt Schauspieler, gerade solche, die man immer wieder im Fernsehen sieht, die man für unsterblich hält. Zumindest scheint es unvorstellbar, dass sie nicht mehr am Leben sind. Karl Obermayr ist so ein Schauspieler. Und dass er seit 35 (!) Jahren nicht mehr auf Erden weilt, ist kaum zu glauben. Das markante Gesicht, die markante Stimme, dieser Typ – einfach unvergleichlich.

Roland Ernst hat Karl Obermayr nun eine Biografie gewidmet. Es ist die erste, die über den bayerischen Schauspieler geschrieben wurde. Wobei: es ist eher eine Hommage, denn beim Lesen wird durchaus deutlich, dass hier nicht nur ein Biograf, sondern ein echter Fan am Werk war. So ist das Buch auch eine Herzensangelegenheit, die noch dazu im Corona-Jahr mit Hilfe einer Crowdfunding-Aktion realisiert werden konnte. Karl Obermayr hat eben auch heute noch eine große Fangemeinde.

Warum, das wird mit Blick auf seine Biografie klar. Ob im Hörfunk, auf der Bühne oder im Fernsehen – die Zahl seiner (wenn ich nicht immer großen) Rollen ist enorm. Dabei war Karl Obermayr, geboren 1931 in Freising, ein Spätstarter, der zunächst eine Ausbildung zum Buchdrucker machte und in München in diesem Beruf arbeitete. Nebenbei nahm er Schauspielunterricht. Als er schließlich wegen „impertinenten Verhaltens“ gefeuert wurde, war der Weg für die Schauspielkarriere frei. Wie lange aber dieser Weg von ersten kleinen Engagements und Hörfunkaufnahmen bis zur legendären Rolle als Mani Kopfeck in „Monaco Franze“ war, das schildert Roland Ernst in seiner Biografie. Minutiös führt er die kleinen und großen Rollen auf, die Karl Obermayr während deiner Laufbahn übernahm und er belebt dabei auch die Erinnerung an fast vergessene oder gar verschollene TV-Serien und Filme. Dem Leser begegnen dabei viele der großen Namen des bayerischen Schauspiels wie Ruth Drexel, Gustl Bayrhammer, Walter Sedlmayr, Monika Baumgartner, Helmut Fischer und Hans Brenner. Und die großen kreativen Köpfe hinter der Kamera wie Kurt Wilhlem, Helmut Dietl oder Franz Xaver Bogner haben auch alle – im übrigen gerne – mit Karl Obermayr zusammen gearbeitet. 50 Stunden Filmmaterial hat Roland Ernst für dieses Buch gesichtet, er hat unzählige Theaterkritiken durchforstet und in alten Fotografien gestöbert. Mit einigen der Wegbegleiter von Karl Obermayr hat der Autor auch persönlich gesprochen, etwa mit Michaela May, die ihren Kollegen außerordentlich schätzte und das bis heute tut: „Wer ist denn heute so wie der Karl? Wer kommt so uneitel daher, immer mit dieser gleichbleibenden Freundlichkeit und diesem enormen Können?“ zitiert der Autor die Schauspielerin.

Natürlich ist es die Serie „Monaco Franze“, die Karl Obermayr letztendlich berühmt gemacht hat, aber er spielte auch Theater. Regelmäßig. In Klassikern wie in Komödien stand er u.a. in den Münchner Kammerspielen oder im Residenztheater auf der Bühne, beispielsweise in Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“ oder in der Satire „Kehraus“ von Gerhard Polt und Hanns Christian Müller. Letzteres wurde 1983 verfilmt – ebenfalls mit Karl Obermayr. Und zwischen Bühne und TV-Set war Obermayr auch immer wieder im Hörfunkstudio des Bayerischen Rundfunks im Einsatz, so auch bei den Aufnahmen zur Familiensaga „Die Grandauers und ihre Zeit“, die später auch verfilmt wurde. Überraschend vielseitig war er, dieser Obermayr und leider ist er viel zu früh verstorben: 1985 erlag er ganz plötzlich einer kurzen, schweren Krankheit. Er liegt auf dem Freisinger Waldfriedhof begraben. Aber seine Schauspielkunst lebt weiter und wird jetzt – 35 Jahre nach seinem Tod – auch erstmals in Buchform gewürdigt.

Karl Obermayr
Eine Biografie von Roland Ernst
Allitera Verlag
ISBN 978-3-96233-190-0