Lyrik

Mit bayerischem Biss das Zeitgeschehen bedichtet

Wenn er sich einmal fest gebissen hat, dieser Poet, dann lässt er erst wieder los, nachdem er das Thema lyrisch „verspeist“ hat. Anton G. Leitner hat nimmt sich in seinem Gedichtband „Wadlbeissn“ (erschienen im Münchner Volk Verlag) den (all)täglichen Wahnsinn seiner bayerischen Heimat vor. Und das im Dialekt. Treffsicher und manchmal durchaus hundsgemein, wobei auch klerikales Personal nicht verschont bleibt.

De roasade Tabanagglwanzn

Neili hod uns a schwarz va-
Schleiade Glosdaschwesda
In an VauWeh ab! mid Moads-
Karacho linggs üwahoid. Awa

Bis i „Dea bressiads in Himme!“
Song hob kenna, wars scho üwa
Olle Beag. Hoffma, dass nachad
Wieda aufn rechdn Weg zrugg-

Gfundn hod und fois need, dass
Sa se alloa darennd hod und
Need no soichane Käzza wia mi
Noch om midgnomma hod.

Der Dialekt ist dem Dichter, der seine Real-Poesie über Jahrzehnte ausschließlich auf Hochdeutsch veröffentlichte, ans Herz gewachsen. Weil man mit ihm auch Dinge, die von Herzen kommen, ebenso beherzt, direkt, kraftvoll, gerne auch deftig und doch herzlich formulieren kann, wie es das Hochdeutsche einfach nicht hergibt. „Hygienekonzept“ ist so ein unpersönliches Wort, aus dem Leitner ein „A sauwane Sach“ macht. Ja, auch die Corona-Pandemie und ihre seltsamen Auswüchse haben Einzug in das Buch gefunden. Etwa, wenn Anton G. Leitner vom Flug in das leere Mallorca träumt, um den nun hier gebliebenen Ballermann-Saufbrüdern und ihren Hinterlassenschaften zu entgehen. Und die Politiker, die bekommen auch wiederholt ihr Fett weg.

Hindabänggla

Dea duad neamads wos,
Awa doa duada aa nix.

 

In der Poesie von Anton G. Leitner hat auch die lustvolle, zwischenmenschliche Interaktion immer einen wichtigen Platz eingenommen. Mit dem Erotik-Special seiner Zeitschrift DAS GEDICHT löste er einen Skandal aus – und doch (oder gerade deshalb) landete diese legendäre Ausgabe „Vom Minnesang zum Cybersex. Geile Gedichte!“ in den Bestsellerlisten. Kein Wunder also, dass auch in seinem neuesten Werk immer a bisserl was geht in Sachen Sexualität.

Houmskuuling                                                     Homeschooling

Heid gibds wieda a                                                   Heute geht es wieder ge-
Scheene Sauarei, awa                                              Hörig zur Sache, aber
Bloos zum Oschaung                                               Nur visuell, ohne Ton,
Aufm Schui-eiPädd.                                                 Auf dem Schul-iPad.

Da naggade Leea-                                                    Der unbekleidete Lehr-
Köabba huifd no a                                                   Körper hilft noch ein
Weng noch im Woifach                                          Wenig nach im Wahlfach
„Hosndialdrazzn“.                                                  „Hosenschlitzanimation“.

Jedes der 67 subversiven Mundartgedichte wird von einer hochdeutschen Übersetzung begleitet, so dass sich auch dem „Zugroasten“ der Sinn erschließt. Den richtigen Sound und Rhythmus entfalten die Gedichte freilich im Dialekt, mit dem sich Sozialkritik auf höchst unterhaltsame Weise ausdrücken lässt. Bissig, bayrisch, hinterfotzig.

„Wadlbeissn“ ist ein Geschenk. An den Leser, der sich hier Denkanstöße abholen kann oder sich einfach nur über die herrlichen Verse amüsiert. Am besten beides. Und das Buch ist auch ein Geschenk des Autors an den Autor, denn Anton G. Leitner hat diese zupackenden Verse zu seinem 60. Geburtstag (im Juni 2021) veröffentlicht. Schmackhaft wie eine gute Geburtstagstorte – aber ein deutlich nachhaltiger Genuss!

 

Anton G. Leitner
Wadlbeissn
Zupackende Verse
Bairisch – Hochdeutsch

Volk Verlag München
ISBN 978-3-86222-352-7