Sachbuch

Schmackhafte Biographie über Bert Brecht und Helene Weigel

Wer hätte das gedacht, dass der weit gereiste und international gefeierte Bert Brecht so an der Hausmannskost seiner Heimatstadt Augsburg hing? Und dass seine Ehefrau Helene Weigel, die das Berliner Ensemble leitete und als Schauspielerin eine absolute Ausnahmeerscheinung war, für ihn zwischenzeitlich zum „Heimchen am Herd“ wurde?

Die Historikerin Dr. Martha Schad nimmt den Leser in ihrem Buch „Komm und setz dich, lieber Gast“ mit auf eine besonders schmackhafte Reise durch ein bedeutendes Kapitel deutscher Literatur- und Theatergeschichte. Sie beschreibt das Leben des Ehepaars Weigel/Brecht (natürlich unter Berücksichtigung einiger Liebschaften des bekanntlich nicht sehr treuen Dramatikers) aus kulinarischer Perspektive – beginnend mit der Kinderzeit von Eugen Berthold Friedrich Brecht in Augsburg. Die Liebe zur süddeutschen Küche sollte er nie verlieren, auch weil die gebürtige Wienerin Helene Weigel, die er in Berlin kennen lernte, die Kunst jener (vor)alpenländischen Speisezubereitung beherrschte, die der Schriftsteller so mochte. Nach Brechts Tod ist Helene Weigel nach ihrem Einfluss auf Brechts Werk gefragt worden. Sie antwortete: „Mein Anteil an seinem schriftstellerischen Werk ist kolossal, denn ich konnte vorzüglich kochen.“

Der Leser folgt dem Ehepaar zu den unterschiedlichen Stationen von Flucht und Exil und erhält so ganz erstaunliche Einblicke in das Leben der beiden. So entwickelte sich Helene Weigel in Finnland zu einer wahren Expertin für Pilze. Bert Brecht wiederum offenbarte äußerst konservative Essensgewohnheiten während des Aufenthalts in den USA. In der DDR vermisste Bert Brecht vor allem das Münchner Bier („Ich trinke Paulaner mit Rührung“), worauf hin er eine Importgenehmigung beantragte, was vom persönlichen Referenten des Kulturministers folgendermaßen befürwortet wurde: „Herr Brecht, Stalinpreisträger und Nationalpreisträger, benötigt Bier zur Erhaltung seiner Gesundheit und seiner Schaffenskraft.“

Martha Schad schafft in jedem Kapitel literarisch-kulinarische Querverbindungen, so dass einem klar wird, wie viel Kulinarisches in Brechts Stücken steckt. Das geht bis zum wohl bekanntesten Brecht Zitat aus der Dreigroschenoper: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“ In dieses Buch sind neben zahlreichen historischen Fotografien 50 Originalrezepte aus dem handschriftlichen Nachlass der großen Schauspielerin Helene Weigel abgedruckt – von der Bierkäsesuppe bis zur Ribisel-Torte – nach kochen ausdrücklich erwünscht! „Komm und setz dich, lieber Gast“ macht in jedem Fall Appetit. Auf Brecht. Auf Krautspätzle. Oder am besten beides.

 

Martha Schad
Komm und setz dich, lieber Gast
Am Tisch mit Bertolt Brecht und Helene Weigel
Presse-Druck- und verlags-GmbH
Augsburger Allgemeine Exklusiv
ISBN 978-3-9462821-5-0