Sachbuch

Vom Neandertaler bis zur Römervilla – Entdeckungen in und um Kipfenberg

Es ist nur ein kleiner Flecken Erde – mitten in Bayern (das gibt’s sogar schriftlich, denn hier befindet sich der geografische Mittelpunkt des Freistaats), aber das Gebiet um den Ort Kipfenberg im Altmühltal ist eine geologische und archäologische Fundgrube ersten Ranges.

Nicht viele Regionen können schließlich von sich behaupten, dass hier schon vor 100 000 Jahren Neandertaler lebten und auch der moderne Mensch seit Zehntausenden Jahren seine Spuren hinterlassen hat. In Kipfenberg lässt sich daher nicht nur eine – sehr schöne – Gegend, sondern gleichzeitig auch die Menschheitsgeschichte durchwandern. Der Archäologe, Initiator des Römer und Bajuwaren Museums Kipfenberg und Kreisheimatpfleger des Landkreises Eichstätt, Karl Heinz Rieder, hat dazu nun einen Archäologie- und Kulturführer veröffentlicht (Verlag Friedrich Pustet), der „Zugroasten“ und Einheimischen einen fundierten Einblick in die Ortsgeschichte gibt.

Der Faustkeil eines Neandertalers ist der Beweis: Schon vor mehr als 100 000 Jahren waren hier im Altmühltal menschliche Wesen beheimatet. Und als die Eiszeit endete, da besiedelte der moderne Mensch die Gegend um Kipfenberg. Und so haben Wissenschaftler Hinterlassenschaften aus mehreren Jahrtausenden entdeckt – vom Steinwerkzeug bis zum keltischen Keramikgefäß. Und dass sich auch die Römer hier niederließen, davon zeugen die Reste von Straßen, Kastellen und natürlich dem Limes. So verwundert es kaum, dass in den Wäldern, auf den Anhöhen und in den Seitentälern, aber auch im Altmühltal selbst nahezu „unter jedem Stein“ ein Stück Geschichte entdeckt worden ist. So zum Beispiel 1990, als bei Straßenbauarbeiten ein Kriegergrab aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts zum Vorschein kam. Der Krieger von Kemathen, der mit Grabbeigaben wie Waffen, Kleidung und Keramikgefäßen bestattet worden war, war eine Sensation, denn er gilt als „erster echter Bajuware“. Heute ist eine Rekonstruktion des Grabes samt Originalbeigaben im Römer- und Bajuwarenmuseum auf der Burg Kipfenberg zu sehen (das sich als Ausgangspunkt für Erkundungen bestens eignet). Hier finden sich auch Exponate, die mit weiteren archäologischen Fundstätten in der Umgebung zu tun haben. Und so nimmt Karl Heinz Rieder den Leser mit ins Römerkastell nach Böhming, hinauf auf den Michelsberg mit seinen Wallanlagen, die bis in die Bronzezeit zurück reichen über das Waggerlloch im Michelsberg bis zur Arndthöhle bei Attenzell. Dort sind „allerlei Gebeine“ entdeckt worden, die als Opfergaben interpretiert worden sind.

Generationen von Wissenschaftlern haben in Kipfenberg und Umgebung gegraben und geforscht. Darunter auch der Streckenkommissar der Reichs-Limes-Kommission Friedrich Winkelmann. Seinen Forschungen sowie denen weiterer Experten räumt der Archäologe Karl Heinz Rieder in diesem Buch Platz ein. Und dem Leser wird klar: Je mehr geforscht wird, desto mehr neue Fragen stellen sich. Heiligtümer und Befestigungsanlagen, Werkzeuge und Schmuckstücke – sie alle haben etwas zu erzählen. Und im kompakten Taschenformat kann man diese Informationen über mehrere tausend Jahre Geschichte nun mitnehmen, wenn man sich auf einen Streifzug durch Kipfenberg und seine Umgebung macht.

Karl Heinz Rieder
Kipfenberg
Römer und Bajuwaren im Altmühltal
Verlag Friedrich Pustet
Reihe: Archäologie in Bayern / Führer
ISBN 978-3-7917-3092-9