Lyrik

Eine Liebeserklärung an die Liebe

Ja, es sind und waren die Dichter, die der Liebe huldigen, ihre schmerzhaften Seiten offen legen und Emotionen in Worte packen. Das Liebesgedicht ist vermutlich so alt wie die Liebe – und damit die Menschheit. Und einer, der sich in seinem poetischen Werk sehr intensiv mit der Liebe auseinandergesetzt hat, ist Anton G. Leitner. Und jetzt tut er es wieder – mit Unterstützung durch 184 Lyrikerinnen und Lyriker aus dem deutschen Sprachraum.

Aber es ist nicht nur die eigene „Wiederentdeckung der Liebe“, die der 28. Ausgabe der buchstarken Zeitschrift DAS GEDICHT ihren Titel gegeben hat. Es geht um die Wiederentdeckung der Liebe in den Zeiten der Pandemie. „Jetzt, da ein Virus unseren Alltag dominiert, scheinen mir die Liebe und das Dichten über das schönste Gefühl der Welt so kostbar zu sein wie lange nicht mehr,“ schreibt der Herausgeber in seinem Editorial. Liebgewonnene Menschen nicht mehr treffen zu können – nicht nur für Anton G. Leitner ein bedrückender Zustand. Nähe, Zuneigung, Faszination – die kann man sich nun zumindest erlesen in dieser liebevollen Anthologie.

Mit dem Aufkeimen der Liebe beschäftigen sich die Poeten im ersten Kapitel. Glückskekse, Phantomschmerzen oder ein Asteroidenflirt ereignen sich literarisch. So entzündet brennt die Liebe im zweiten Kapitel und die Gelegenheit wird – etwa von Manfred Chobot – schon mal beim Schopf gepackt. Im Abstellraum. Die Liebe ereignet sich plötzlich.

eines tages bei nacht

auf ewig
einander
zugestoßen

Semier Insayif

Liebe kommt – und geht. Schmerzliche Abschiede, tragische Trennungen werden im dritten Buch poetisch verarbeitet. Übrig bleiben Erinnerungen, Liebesbriefe und verlassene Betten. Zum Glück gibt es aber auch diese Liebe, die bleibt. Sie begegnet dem Leser im vierten Kapitel.

ich mag deine ecken und macken,
schätz deine zicken und zacken,
verehre dich
voll umfänglich,
und wenn du lachst,
mich augenblicklich
überglücklich
machst,
wippt die wiese.

Helmut Krausser

Diese poetische Wiederentdeckung der Liebe beweist, dass sie keine Grenzen kennt. Und auch kein Alter. Der älteste Lyriker dieser Ausgabe ist Gerhard Rühm, Jahrgang 1930. Die jüngste Liebesbotschafterin Anna Münkel wurde 71 Jahre später geboren. Dazwischen tummeln sich namhafte Poeten (männliche wie weibliche) darunter Michael Augustin, Alma Larsen, SAID, Hellmuth Opitz, Matthias Politycki, Sujata Bhatt, Fitzgerald Kusz, Alex Dreppec, Tanja Dückers, Gabriele Trinckler und Jan Wagner.

Auch diese Ausgabe von DAS GEDICHT beinhaltet außerdem ein Kapitel, das der Kinderlyrik gewidmet ist. Uwe-Michael Gutzschhahn (seine Poesie ist auch in der Ausgabe zu finden) hat wie in den vergangenen Jahren diesen Sonderteil zusammen gestellt. Und was für wunderbare Poesie-Genüsse darunter sind (Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen):

Ode an die Nudel

Du wunderbare Spagettinudel,
dich lieb ich heiß und kalt,
mit Butter, Öl, Tomatensoß’,
bin voll in dich verknallt!

Denn wenn mein Hunger groß ist
und meine Zeit sehr klein,
dann bist du meine Rettung –
schwups in den Topf hinein.

Wie gut, dass es euch gibt,
ihr langen, schlanken Dinger,
ich wickle euch um meine Gabel
und ihr mich um den Finger.

Elisabeth Steinkellner

Wenn also das körperliche Kuscheln und Herzen aus bekannten Gründen eher dürftig ausfällt, dann sollte es eine umso intensivere Dosis Poesie sein. Als Impfung gegen Einsamkeitsgefühle und drohende Trostlosigkeit sei dazu die 28. Ausgabe von DAS GEDICHT und ihre Wiederentdeckung der Liebe wärmstens empfohlen.

DAS GEDICHT
Band # 28
Die Wiederentdeckung der Liebe
Herausgegeben von Anton G. Leitner
Anton G. Leitner Verlag, Weßling
www.dasgedicht.de